Mobbing: Was tun, wie handeln?

Eylem Kubanek

EYLEM KUBANEK

In der letzten Ausgabe habe ich versucht über den Begriff des Mobbings zu schreiben und seine historische Entwicklung zu schildern. Ausgehend von einigen Studien möchte ich mich in dieser Ausgabe mit der Intensität, mit den unterschiedlichen Stufen und insbesondere mit den Ursachen des Mobbings beschäftigen.   

Weltweit wird das Mobbing mittlerweile als ein psychosoziales Phänomen verstanden, dessen häufiges Vorkommen und Intensität sich nach Ländern und Arbeitszweigen unterschiedlich zeigt.  

Während Finnland und Dänemark  sich mit einem Durchschnitt von jeweils 5% und 8,3% Mobingsraten an die Staaten mit den niedrigsten Mobbingsstandorte  angliedern,  liegt das Mobbingsaufkommen in der Türkei schon nach einer Studie bei 55%. In den Vereinigten Staaten von Amerika (USA) wurde eine Untersuchung zum Thema Mobbing bei der Arbeit bei KrankenschwesterInnen durchgeführt. Hierbei hat man herausgefunden, dass die Mobingsraten mit 97% schrecklich hohe Dimensionen erreicht hatte. Die Lage in Deutschland ist auch nicht herzserwärmend. Jeder fünfte Schüler fällt in seiner Schulzeit Mobbing zum Opfer, jeder dritte Erwachsene wird bei der Arbeit Opfer von Mobbing. Frauen sehen im Gegensatz zu Männern zu 75 % mehr der Gefahr entgegen, Opfer vom Mobbing zu sein. Es wird zudem noch erklärt, dass auch die psychische Gewalt sehr hoch liegen würde. 

Die Stufen des Mobbingsprozesses

Diejenigen, die  Mobbing erlebt haben oder es in dem nahen Umkreis beobachten mussten, wissen genau, dass auch wenn Mobbingshandlungen nicht intensiviert werden, Auswirkungen von Mobbing eine Stufe erreichen können, die nicht mehr auszuhalten ist.

Jeder kann Mobbing soweit widerstehen, soweit seine Kräfte es ihm zulassen, soweit er auch nach seinen sozialen nach oben verschieben. Nach dem Mobbingsexperten Heinz Leymann ist  Mobbing in fünf Entwicklungsstufen aufgeteilt. In der ersten Stufe herrscht nur eine“ Konfliktsituation“, die noch nicht als Mobbing bezeichnet werden kann. Auf der zweiten Stufe ist die Rede von Angriffsaktionen  auf das Opfer, das stetiger Anschwärzungen und ständiger Isolation gegenübersteht.   Auf der dritten Stufe kommt zusätzlich zum Geschehen der Haltung der Leitung eine besondere Rolle zu. Die Leitung wird zum Partner der psychologischen Belästigung. In der vierten Stufe wird das Opfer durch  falsche Behauptungen und Zuweisungen verunglimpft und beschuldigt. Die Person, die zunehmend in die Einsamkeit getrieben wird, braucht jetzt umso mehr eine ärztliche psychologische Unterstützung. Mit Zuweisungen und Vorwürfen  wie  „ein schwieriger Mensch“, „eine paranoide Persönlichkeit“,  „Geisteskranker“ etc. wird die Negativ-Spirale erhöht. Auf der fünften und letzten Stufe begegnet man Maßnahmen wie Kündigung oder Verrentung. Das Opfer wird angehalten, diese Situation zu akzeptieren und die Schuld für diese Situation bei sich selbst zu suchen.

Selbstbefriedigung durch Mobbing

In Betrieben, wo die Organisation zu schwach und die Führung der Leitung mehr als schlecht ist, kommt Mobbing zum Vorschein. Die Belästiger/ Angreifer stellen in Wahrheit die Störung  an diesem Arbeitsplatz dar. Sie stören auch eigentlich das Arbeitsklima. Neben denen, die Zuwendungsdefizite haben und aufsteigen möchten, bedienen sich zusätzlich auch leitende Funktionäre dem Instrumentarium des Mobbing, um die Beschäftigten zu unterdrücken. Sie versuchen mit Taktiken wie der Erteilung einer Abfuhr, das Mobbingsopfer anzuschnauzen, ihm das Rederecht abzusprechen, seine Zuständigkeiten zu begrenzen, die ganze Herrschaft und Macht für sich zu beanspruchen. Mobbing geht meistens von Menschen mit schwachem Charakter und unzureichenden Persönlichkeiten aus. Diese Personen versuchen durch Mobbing ihren Egotrieb und ihr Unterbewusstsein zu befriedigen. Opfer vom Mobbing haben meist keine  Besonderheiten. Jeder kann Opfer vom Mobbing werden. Meistens werden aber besondere, neue, alleinstehende und hohe leistungstragende Personen Opfer von Mobbing.

Unsere Ahnen haben ja auch nicht umsonst gesagt: “ Bäume, die Früchte tragen, werden mit Steinen beworfen.“ Jetzt werden sie fragen: “ Sind die Opfer denn überhaupt unschuldig?“ – natürlich tragen auch sie eine gewisse Schuld. Sie merken nicht in was für einen Strudel sie hineingezogen werden und wehren sich nicht dagegen. Sie sehen die Schuld bei sich und fallen tiefer und noch tiefer… Ich möchte diese Situation mit den Worten eines Freundes abschließen, der auch Opfer von Mobbing wurde: „Ich habe nie daran gedacht, dass in der Firma, wo ich seit Jahren gerne gearbeitet habe, mit dem beruflichen Aufstieg schwierige Tage und Probleme auf mich herabstürmen könnten. Ich wollte dies nicht wahrhaben und akzeptieren. Deswegen habe ich all diese Erniedrigungen, Ausgrenzungen, die Nichtbeachtung nicht sehen wollen. Ich wollte meine Rosabrille nicht abnehmen und wehrte mich nicht gegen diese.  Eigentlich wollte ich es nicht wahrhaben, da ich ja eine starke Person war. Es war gar nicht möglich, dass mir so etwas wiederfahren könnte. Das ging dann so weiter bis ich das alles körperlich und psychisch nicht mehr ausgehalten habe. Dann stellte ich mich dieser Wahrheit. Eine nicht mehr zu verhindernde Zerstörung fängt genauso an. Vor lauter Schmerzen kannst du nicht mal laufen, wegen der Ängste nicht mehr ruhig schlafen, du wirst zu einer ängstlichen, unsicheren Person. Dann machst du während der Arbeit Fehler über Fehler und spielst alles eigenmächtig ihnen in die Hände.

Was soll man nun machen?  Wenn ich die Zeit wieder zurückdrehen könnte, hätte ich nicht so getan, als ob ich das alles nicht gesehen hätte. Ich hätte alles sofort schriftlich festgehalten. Dann würde damit zur Verwaltung gehen und würde sie um die Lösung des  Problems bitten. Wenn die Verwaltung das Problem nicht lösen würde, dann als erstes  MobbingLine anrufen und mich über meine Rechte gründlich beraten lassen. Und ich würde mich ohne viel Zeit und Kraft zu verschwenden von dem Ort entfernen, der mich nicht genügend gewürdigt hatte. Das hätte ich nicht dadurch gemacht, indem ich eigenhändig die Kündigung beim Arbeitgeber einreichte, sondern indem ich mich meinem Arbeitgeber entgegenstellte und für meine Rechte kämpfte. „

(Deutsche Übersetzung: Özgür Metin Demirel)

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