Vorurteile abbauen an Tagen der Corona-Pandemie

ABBAS DOĞAN

Die meisten der in Deutschland lebenden Migrant*innen denken, dass die inländische Bevölkerung gegen Migranten seien. Aus dieser Überzeugung heraus denken und behaupten viele deswegen auch sehr oft, dass die deutschen Bürger*innen ohne zu verstehen, worum es in dem konkreten Fall ging und ohne Migrant*innen überhaupt zuzuhören, ihnen gegenüber sehr oft mit Vorurteilen begegnen würden. Wenn wir unsere Geschäfte bei den Behörden nicht erledigen können, denken wir z.B. sehr oft, dass der zuständige Beamte ein Rassist gewesen war. Unsere Geschäfte, deren Erledigung manchmal aus der Natur der Sache sehr lange andauern oder durch die vorhandene Bürokratie sehr lange zum Stocken kommen, lassen uns dazu verleiten, dass wir sehr schnell den Entschluss fassen, dass der Sachbearbeiter rassistisch eingestellt müsste. Wenn das Kind in der Schule schlecht ist, ist der rassistische Lehrer schuld, bei Problemen am Arbeitsplatz sehr schnell das Verhalten des Vorgesetzten!

Wie das auch in den anderen Gesellschaften so üblich ist, begegnen wir natürlicherweise auch in Deutschland nicht sehr wenigen Rassisten im Alltag. Dass diese auch innerhalb der Polizei, in der Verwaltung und in der Bundeswehr organisiert sind, ist auch in letzter Zeit deutlich sichtbar geworden. Dieser Missstand trägt auch zwangsläufig dazu bei, Vorurteile innerhalb der Migrant*innen zu fördern.


Momente, die Vorurteile abbauen

Erleben wir aber nie das Gegenteil davon? Momente, die gegenseitige Vorurteile abbauen und beseitigen, die uns daran erinnern, dass wir Menschen sind und die uns dabei helfen, uns daran zu erinnern, dass wir nur wegen dem Umstand etwas wert sind, weil wir schlicht Menschen sind… Ich möchte gerne einen solchen Moment mit Ihnen/euch teilen. Die große Pandemie hat uns auch heimgesucht und alle aus meiner Familie wurden mit dem Covid-19 Virus infiziert. Die Kinder und Jugendliche in der Familie haben diese Krankheit im Gegensatz zu uns Älteren leichter überwunden. Da wir uns im fortgeschrittenen Alter befinden und auch an unterschiedlichsten chronischen Krankheiten schon leiden, verbrachten wir diesen Lebensabschnitt sehr schwer. Ich habe nicht vor, über diese schwierige Zeit für mich und meine Familie zu berichten, sondern einen Fall in dieser Zeit schildern, die in solch einer schwierigen Lage uns Hoffnung gab. Unser Hausarzt ist gleichfalls auch ein Freund meiner Familie. Wir entschieden uns nicht nur für ihn, weil wir dieselbe Sprache sprachen, sondern auch persönliche Kontakte zu ihm hegten. Wir kennen sogar unsere Festnetznummer und in dem Arzt-Patient-Verhältnis haben wir bis heute keinerlei Beschwerden gehabt. Da unser Hausarzt den PCR Test auch machte, waren wir auch sehr gut informiert darüber, welche Krankheit wir hatten. Als die Kliniken noch geöffnet waren, hielten wir immer den Kontakt mit unserem Hausarzt aufrecht. Als unsere Situation sich am Wochenende verschlimmerte, haben wir die Arztpraxis angerufen. Hier ging niemand aber ans Telefon. Daraufhin riefen wir den Notarzt an. Der Krankenwagen kam zweimal zu uns. Es war aber jeweils kein Notarzt mitgekommen. Da kein Notarzt mitgekommen war, konnten sie nichts unternehmen und kehrten bei beiden Malen wieder zurück, ohne uns zu helfen.

Der Notarzt wartete auf der Straße!

Der Vater meines Enkels war ein deutscher Arzt. Wir haben uns von ihm beraten lassen. Er gab uns die Telefonnummer des Notarztes. Wir riefen dort an und der Notarzt kam zu uns nach Hause. Aber er blieb vor unserer Haustür stehen und kam nicht in unsere Wohnung hoch, um uns zu untersuchen. Er rief uns von der Straße aus an und informierte sich über unsere Lage. Er verlangte, dass wir unsere Krankenversicherungskarte auf die Straße schicken lassen sollten. Wir brachten ihm die Karte und er schrieb eine Überweisung zum Krankenhaus und schickte sie wieder hoch.

Ich muss zugeben, dass wir über dieses Vorgehen sehr überrascht gewesen waren. Wir haben noch einmal bei dem Arzt angerufen, der uns beraten hatte und schilderten ihm die Situation und den Ablauf. Er reagierte unverzüglich. Er hat den Notarzt, der bei uns war, sofort angerufen und drohte ihm: „Wenn er uns unverzüglich untersuchte, werde er sofort eine Strafanzeige erstatten!“ Nach etwa einer halben Stunde, kam derselbe Notarzt zu uns nach Hause. Er kam in unsere Wohnung rein und untersuchte uns. Er verschrieb uns drei Medikamente. Nachdem wir die Medikamente einnahmen, ging es uns einigermaßen besser und unsere Beschwerden geringer. Diese Medikamente halfen uns dabei die Krankheit zu besiegen. Ein deutscher Arzt hatte sich für einen Migranten eingesetzt, der nicht einmal sein eigener Patient gewesen war und setzte seinen Kollegen unter Druck, kranken Menschen zu helfen. Ohne seine Hilfe könnte sich unsere Lage vielleicht auch drastisch verschlechtert haben.

Wir wissen alle, dass Ärzte und KrankenpflegerInnen insbesondere in der Pandemiezeit sehr harten Bedingungen ausgesetzt sind und diesen schwierigen Kampf mit dem Virus erfolgreich führen. Sie bekämpfen diese Krankheit mit Hingabe und ohne Menschen auszugrenzen. Viele ältere Migrant*innen befürchten sich vorurteilhaft, dass „man sie aufgegeben hätte“ und erleiden einen Vertrauensbruch. Dr. Miriam hat nicht nur uns verarztet, sondern dabei auch uns eine überaus wichtige Lektion erteilt. Er zeigte uns mit seinem Handeln, wie bedeutungslos manche Vorurteile werden können. Vielen Dank Dr. Miriam. Ein Hoch auf die Dr. Miriams!..
(Übersetzung: Özgür Metin Demirel)

Ersten Kommentar schreiben

Antworten

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.


*