Einschnitt in die Grundrechte – Das Versammlungsgesetz in NRW

von EKIN HAYIRLI

Durch die Pandemie haben wir gesehen, dass der Staat uns unsere Grundrechte vorenthalten kann. Beispielsweise mit nächtlichen Ausgangssperren, die mittlerweile bundesweit geregelt sind oder auch mit Diskussionen über die Isolation von Kindern und Jugendlichen. Grundrechte sind Verpflichtungen, die der Staat gegenüber seinen Bürgern hat. Diese sind nicht so einfach anzufechten, wie andere Gesetze. Ausgangssperren verstoßen z.B. gegen das Recht auf Freizügigkeit.

Ein weiteres, wichtiges Grundrecht ist die Versammlungsfreiheit. Seit einem Jahr ist diese stark eingeschränkt. Befugnisse der Polizei wurden erweitert, Versammlungen und Demonstrationen oft verboten, mit Blick auf das Infektionsschutzgesetz (IfSG). Gegen solche Verbote und Einschränkungen wurde oft erfolgreich geklagt und Demonstrationen konnten durchgeführt werden. Doch genau diesen Einschnitt in unser Grundrecht will das Land NRW jetzt mit einem neuen Gesetz festhalten und noch vor der Sommerpause durchsetzen. Doch was genau beinhaltet das neue Gesetz und wie wird das begründet?

Militanzverbot als Vorwand gegen Arbeitskämpfe?

Zuerst ist das Militanzverbot zu nennen. Das Gesetz wird nämlich damit begründet, Naziaufmärsche zu erschweren. Das Militanzverbot sieht vor, dass keine „Gewaltbereitschaft“ oder „Einschüchterung“ vermittelt wird. Doch in der Formulierung dazu wird, neben dem Verbot von Uniformen, auch uniformähnliche Kleidung genannt.

Was genau unter uniformähnliche Kleidung fällt, ist nicht definiert. Sind es die weißen Anzüge der Aktivisten der Ende Gelände Bewegung? Oder der schwarze Block bei Gegendemonstrationen, wenn wieder Nazis auf unseren Straßen marschieren? Durch das Militanzverbot hat die Polizei einfaches Spiel Demonstrationen aufzulösen. Außerdem muss sichergestellt werden, dass Streikwesten von Gewerkschaften oder Arbeitskleidung, nicht als uniformähnlich oder einschüchternd eingestuft werden. Arbeitskämpfe können so systematisch unterbunden werden, wenn das Gesetz verabschiedet wird. Dieser Punkt im Gesetz lässt, wie auch viele andere, zu viel Interpretationsraum, wodurch die Polizei ein simples Slogan T-Shirt als uniform ähnliche Kleidung einstufen und eine Versammlung beenden könnte.

Erschwerte Anmeldung und Vorbereitung von Demos

Das Gesetz hat aber noch andere perfide Punkte, die zukünftig Demos erschweren. So soll die Person, die eine Demo anmeldet, dafür haften, wenn etwas anders verläuft als geplant. Realistisch gesehen ist es für eine Person nicht möglich, eine Demo unter Kontrolle zu halten, wodurch die Hemmschwelle zur Anmeldungen vergrößert wird und eine gewisse Angst entsteht.

Außerdem soll die Anmeldefrist auf 48 Stunden verlängert werden. Es kommt oft vor, dass schnell und spontan reagiert werden muss, auf politische Ereignisse, wodurch diese Möglichkeit wegfallen würde. Durch die Demos von Querdenkern haben wir auch immer wieder gesehen, dass es egal ist, wie viel Zeit die Polizei zur Vorbereitung hat. Sie greifen nur durch, wenn es in ihrem Interesse liegt.

Auch die Namen und Adresse von allen Ordnerinnen und Ordnern kann die Polizei im Vorfeld verlangen. Dafür ist die Versammlungsleitung da und deshalb ist es völlig illegitim Namen von Ordnerinnen und Ordnern zu verlangen. Das erschwert es zusätzlich, dass sich Leute als Ordnerinnen und Ordner zur Verfügung stellen. Die Namen dieser Personen ändern sich regelmäßig noch im letzten Moment, da es zu unerwarteten Veränderung kommen kann. Ein Mehraufwand für alle Seiten, der unsere Arbeit nur komplizierter macht.

Schwarz-gelbe Landesregierung schützt RWE

Spätestens seit 2018 wissen wir, dass Herbert Reul (CDU, Innenminister NRW) die Klimabewegung, die unter anderem den Hambacher Forst gerettet hat, als einen Dorn im Auge betrachtet. Nach jahrelanger Besetzung des Waldes durch hunderte Aktivistinnen und Aktivisten aus der Klimabewegung, haben sich Bund, Land und der Energiekonzern RWE 2018 darauf geeinigt, den Wald erhalten zu lassen. Besetzt ist der Wald aber auch heute noch. Das Bündnis Ende Gelände bezeichnete den Erhalt als einen Erfolg des zivilen Ungehorsames. Und genau diesen zivilen Ungehorsam versucht die Regierung nun mit dem Gesetz zu unterbinden.

Wo soll künftig nicht mehr demonstriert werden? Aus dem Gesetz lässt sich rauslesen, dass Autobahnen, Bahngleise und Versammlungsorte mit erheblichem Gefährdungspotential, wie Grubenrandstraßen, nicht benutzt werden dürfen für Demonstrationen. Auch nicht wenn ein inhaltlicher Bezug zum Thema hergestellt werden soll. Forderungen der Mobilitätswende sollen wir also nicht mehr auf der Autobahn kundtun, sondern auf der Straße. Dadurch können Proteste kriminalisiert und ohne Probleme seitens Polizei aufgelöst werden.

Wir sehen, dass das Versammlungsgesetz die Interessen der Konzerne schützt und linken Protest behindern wird. Jedoch kann die Regierung nur so weit gehen, wie wir es zulassen. Durch die Pandemie haben wir immer wieder sehen können, dass wir es durch Klagen und andere Mittel schaffen können, die Regierung zurück rudern zu lassen. Und das gilt bundesweit. Oft ist NRW nämlich Vorreiter bei Gesetzgebungen und viele Bundesländer ziehen nach, wenn sie sehen, dass nicht viel Gegenprotest zu erwarten ist.

Ein solches Gesetz reicht nicht aus, um Nazis von unseren Straßen zu blockieren. Dass wir uns auf den Staat im Kampf gegen rechts nicht verlassen können, haben wir immer wieder beobachtet. Es ist unsere Aufgabe unsere Städte Nazi frei zu halten und unsere Rechte einzufordern! Das Bündnis „Versammlungsgesetz NRW stoppen – Grundrechte erhalten“ fordert keine Kompromisse, sondern ganz klar das Vorhaben sofort zu stoppen!

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