Die Dunkelheit hinter dem Licht

EYLEM KUBANEK

Diejenigen, die sich in Dortmund ein wenig auskennen, wissen, dass der Phönixsee eine der sehenswertesten Gegenden der Stadt ausmacht. 

Um die historische Identität der Region zu erhalten und ein Ort für Kulturveranstaltungen zu sein, wurde am Ende des künstlichen Sees neben dem Hafen eine Halbinsel geschaffen, die den Namen „Kulturinsel“ trägt.  Die 68 Tonnen schwere Maschine, die im Volksmund „Thomasbirne“ genannt wird und hier in der Vergangenheit im Stahlwerk eingesetzt wurde, symbolisiert auch die Geschichte der Region.
Im August des letzten Jahres wurde an der anderen Ecke dieser Kultur-Insel ein neues Denkmal errichtet. Dieses Denkmal, das sich mit der dunkelsten Vergangenheit Deutschlands auseinandersetzt, wurde zum Gedenken an die 80.000 Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene, die während des 2. Weltkrieges in dieser Industrieregion als Zwangsarbeiter eingesetzt wurden, gebaut. Das 4.5 Meter hohe Denkmal wurde von Pia Emden entworfen. Von der Ferne betrachtet   ähnelt es einem Turm aus Stahllegosteinen. Und wenn Sie in diesen Turm reingehen, werden hier ihnen Dokumente vorgeführt, die das alles bezeugen, was damals vorgefallen war. 

Es werden hier einzelne Fotos und andere offizielle Dokumente von Kriegsgefangenen aus dem Osten, der antifaschistischen, politischen Gefangenen und jüdischen Gefangenen ausgestellt. Leider wurden viele von ihnen kurz vor Kriegsende in den Botanischen Garten Dortmund, der sich in Rombergpark befindet, verschleppt und hier massakriert.

Ich konnte mich nur höchstens eine halbe Stunde lang im Inneren des Denkmals aufhalten, hielt es dann nicht mehr aus und lief ich aus dem Denkmal raus, um über diese schrecklichen Gräueltaten, was hier mir gezeigt wurde und ich lesen konnte, nachzudenken. Ich habe schon viele Nazi-Lager gesehen und erforscht, aber wenn man wie jetzt herausfindet, dass vor 60 oder 70 Jahren solch ein schreckliches Massaker direkt neben dem Haus, wo man gerade lebt, geschehen war, wird man von dieser Tatsache ziemlich mitgenommen.  Ich versuchte, mich auf die Enten, die sich rund um den See aufhalten oder das Leuchten der Sonne, die auf den See herabfällt, zu konzentrieren, damit sich meine Gedanken zerstreuen konnte. Aber ich kam davon nicht weg.  Ich dachte darüber nach, wie es dazu überhaupt kommen konnte, einen Menschen zu verbannen, zu versklaven, andere wie Sklaven zu führen und als ob das alles schon nicht schlimm genug gewesen wäre, diese Menschen am Ende noch kollektiv zu erschießen und umzubringen… Wieso? Weil sie eine andere Nation, Religion oder Kultur hatten, als sie… Kann es eine Entschädigung für eine solche Gräueltat geben?
Vielleicht können Sie dokumentieren, was mit Denkmälern oder Büchern oder Filmen passiert ist und sicherstellen, dass es nicht vergessen wird. Aber das garantiert nicht, dass Dinge wie diese oder etwas in der Art nicht noch einmal geschehen. Es sei denn, man betreibt eine Ursachenforschung und geht an die Wurzel des Problems heran, um dieses Problem im Keim zu ersticken. Deshalb möchte ich mich bei der Stadt Dortmund dafür herzlich bedanken, dass sie diesen Schritt, den ich sehr begrüße, gegangen ist und dieses Denkmal gebaut hat. Es ist sehr richtig gewesen, der Öffentlichkeit die Gräueltaten der Nazis deutlich zu zeigen und dieses Massaker nicht unter den Teppich zu kehren. Ich hoffe, dass die Stadt sich weiterhin stark engagiert, damit nationalistische, faschistische und rechtsextremistische Organisationen nicht in der Lage versetzt werden, sich in unserer Stadt noch einmal zu etablieren und solche und ähnliche unmenschliche Ereignisse zu versuchen. 

(Übersetzung: Özgür Metin Demirel)

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