MICHAELA WIEGAND
Max von der Grün war ein unbequemer Autor, ein politischer Autor, ein engagierter Autor, der nicht zurückwich, wenn sein Engagement Ärger hervorrief. Er galt als Arbeiterschriftsteller, fand den Begriff aber selbst nicht passend. An den Literaturhistoriker Franz Schonauer schrieb er, dass er immer nur den Menschen sehe und wenn dieser zufällig Arbeiter wäre, dann nur, weil er hauptsächlich unter Arbeitern gelebt hätte.
Geboren wurde von der Grün am 25. Mai 1926 in Bayreuth als einziger Sohn einer Porzellanarbeiterin und eines Schusters. Während der NS-Zeit war seine Familie Repressionen ausgesetzt. So kam der Vater aufgrund seiner Zugehörigkeit zu den Zeugen Jehovas ins KZ Flossenburg und Max von der Grün durfte das Gymnasium nicht weiter besuchen. Er schloss die Handelsschule ab und machte eine kaufmännische Lehre. 1943 wurde er zum Militär eingezogen und geriet 1944 in der Bretagne in amerikanische Kriegsgefangenschaft. Er blieb bis 1948 in den USA und arbeitete dort unter anderem als Holzfäller, Zuckerrohrschläger und Bergmann in einer Kupfermine. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland ging von der Grün zunächst verschiedenen Hilfstätigkeiten nach, bis er 1951 ins Ruhrgebiet zog. 1980 berichtete er in einem TV-Beitrag, dass er seine Ankunft und die Gegend als trist empfand und eigentlich direkt umdrehen wollte. Er blieb bis zu seinem Tod 2005 im Ruhrgebiet.
Bis 1963 arbeitete Max von der Grün auf der Zeche Königsborn in Unna untertage. In dieser Zeit wurde er zweimal verschüttet. Nach einem weiteren schweren Unfall schulte er zum Grubenlokomotivführer um. Diese Erlebnisse verarbeitete er später in seinem ersten Roman „Männer in zweifacher Nacht“.
Schon früh begann er mit ersten Schreibversuchen, fand aber keinen Verlag, der seine Werke veröffentlichen wollte. Erst durch die Begegnung mit Fritz Hüser, damaliger Leiter der Dortmunder Stadtbücherei und Sammler von Arbeiterliteratur, fand von der Grün einen Verlag. Zusammen mit Fritz Hüser, Josef Reding und Anderen gründete er die Dortmunder Gruppe 61, eine literarische Vereinigung, die sich zur Aufgabe machte, Literatur über die Arbeitswelt zu schreiben und zu fördern. Dieser Gruppe gehörte er bis zum Ende der Gruppe an.
Max von der Grün war ein Schriftsteller, der sich mit den Problemen der industriellen Arbeitswelt befasste und in seinen Werken zeigte, wie sehr sich die Arbeitsbedingungen auf das Privatleben auswirken können. Sein zweiter Roman „Irrlicht und Feuer“, der 1963 veröffentlicht wurde, sorgte nach einer Vorabveröffentlichung für ein Zerwürfnis mit der IGBE (Industriegewerkschaft Bergbau und Energie) und einer regelrechten Kampagne gegen den Autor. Von der Grün galt als „Nestbeschmutzer“, wurde danach u.a. zu keinen Veranstaltungen mehr eingeladen und konnte auch nicht mehr in den Gewerkschaftszeitschriften veröffentlichen. 1963 strebte die Firma „Westfalia Lünen“ einen Prozess an, da sie sich durch den Roman geschädigt sahen. Der Prozess wurde zugunsten Max von der Grüns entschieden. Im Winter 1963 folgte die fristlose Kündigung und im darauffolgenden Jahr der Rausschmiss aus der Gewerkschaft. Seither lebte er als freier Schriftsteller in Dortmund. Er begab sich auf zahlreiche Lesereisen in den damaligen Ostblock, den Nahen Osten, die USA und durch Nord- und Südeuropa und engagierte sich stark gesellschaftspolitisch.
Seine Romane zeichnen sich durch einen möglichst sachlichen Sprachstil und einer realistischer Darstellung der vom Autor erlebten Welt aus, angereichert mit fiktiven Elementen. Sie wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt und teilweise sogar sehr erfolgreich verfilmt, so zum Beispiel sein Roman „Stellenweise Glatteis“. Der Jugendroman „Die Vorstadtkrokodile“ kennen ganze Generationen von Jugendlichen und ist teilweise immer noch Schullektüre.
Max von der Grün erhielt für sein Werk zahlreiche Ehrungen und Preise. 2005 starb er im Alter von 78 Jahren in Dortmund-Lastrop. Sein Nachlass befindet sich im Fritz-Hüser-Institut für Literatur und Kultur der Arbeitswelt in Dortmund.
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