Gesunde Krankenhäuser in NRW – für Alle!

Die Vorsitzende der DIDF Zeynep Sefariye Ekşi schrieb für unsere Zeitung über die Kampagne „Gesunde Krankenhäuser in NRW – für Alle“.

Zeynep Sefariye Ekşi
Vorsitzende der Föderation
der Demokratischen Arbeitervereine e. V.

ZEYNEP SEFARİYE EKŞİ

In Nord Rhein Westfalen, dem größten Bundesland Deutschlands findet gerade eine Volksinitive unter dem Namen „Für Gesunde Krankenhäuser in NRW – für Alle“ statt. Das Ziel der Kampagne ist es, die aufgestellten Forderungen in der Gesetzesberatung des Landtags NRW zur als Gesetzentwurf zur Abstimmung zu bringen. Die Kampagne wäre damit in der Lage in der Zukunft Gesetzeskraft zu entfalten. Um das zu erreichen, müssen aber 0,5 % der stimmberechtigten BürgerInnen in NRW, also insgesamt 66.000 stimmberechtigte WählerInnen diese Kampagne unterschreiben. Dennoch möchte die Gesetzesinitiative über 300.000 Unterschriften sammeln und damit den Druck auf den Landtag für die Verabschiedung des Gesetzes noch zu erhöhen. Die Kampagne startete im September dieses Jahres  und wird bis Februar 2021 dauern. 

Bezahlung nach Diagnose muss abgeschafft werden.

Alle Länder und Kommunen verabschiedeten sich mit der Verbreitung neoliberaler Politik ab den 1985’ern nach und nachvon der staatlich garantierten Gesundheitsvorsorge. Der Neoliberalismus richtete sich allein nach der Konkurrenz und handelte nur noch profitorientiert. Vor dieser Wende wurden alle entstandenen Kosten für Krankenhausaufenthalte und Ausgaben für krankenhäusliche Behandlungen von Krankenversicherungen und dem Staat getragen. Mit der Einführung neoliberaler Politik wurden Krankenhäuser geschlossen, privatisiert und zu Subunternehmen  umfunktioniert. Somit war die Gesundheit zu einem Geschäftsbereich geworden, der viel Profit abwarf. Die Profitorientierung im Gesundheitssektor wuchs stetig.

Im Jahre 2003 wurde ein neues Gesetz verabschiedet, das bei ärztlichen oder krankenhäuslichen Untersuchungen wichtige Änderungen vorsah. Ein neues Zahlungssystem wurde hier etabliert. Die Krankenkassen wurden verpflichtet beim Arztbesuch unabhängig der ärztlichen Diagnostik eine Fallpauschale zu entrichten. Natürlich ist jede Krankheit oder jeder Kranke und der Krankheitsverlauf unterschiedlich. Aus dem Grunde wollen gerade Krankenhäuser, weil Protesenoperationen oder der Kaiserschnitt bei Geburten viel mehr Profit abwerfen als andere weniger profitable Eingriffe, ausschließlich nur noch diese Dienstleistungen anbieten. In der Folge bauten sie sie ihre Frauen- und Kinderabteilungen ab oder schlossen diese ganz. Ärzte, die fähig sind besondere Eingriffe, Behandlungen und Operationen durchzuführen, werden mit Sonderzahlungen gefördert und ausgezeichnet. Die Patienten werden nach einem kurzen Krankenhaufenthalt aus dem Krankenhaus entlassen und nach Hause geschickt.

Dieses profitorientierte System gefährdet die Gesundheit

Die sogenannte „Gesundheitsreform“ aus den 2000’ern sieht vor, dass ca. 200 Medikamente nicht mehr verschreibungspflichtig sind und die anfallenden Kosten von den Patienten selbst getragen werden müssen. Obwohl die Beiträge der Gesundheitskassen mit sogenannten “ Sonderbeiträgen“ erhöht wurden, müssen Patienten für Voruntersuchungen und ähnliche Untersuchungen und Behandlungen bei Ärzten und Krankenhäusern zahlen. Einen Termine bei Fachärzten zu bekommen, ist heutzutage kaum noch möglich.

Andererseits stehen Krankenhäuser unter dem Druck Gewinne zu erwirtschaften und nicht unter die zu erwartende Gewinnprognosen zu rutschen. Wenn sie den Plan nicht einhalten, droht ihnen die Schließung oder die Privatisierung. Während 2007 insgesamt 432 Krankenhäuser in NRW vorhanden waren, sank die Zahl im Jahre 2017 auf 342 Krankenhäuser. Vor der Pandemie wurde erklärt, dass ‚bundesweit ca. 2000 Krankenhäuser betrieben wurden und ungefähr die Hälfte geschlossen werden‘ sollen. Auch heute sind diese Pläne noch nicht vom Tisch. Krankenhäuser sollen fusioniert, geschlossen oder verkauft werden. Und das alles trotz dieser gefährlichen Pandemie.

Erklärungen des Gesundheitsministeriums oder weiterer Verantwortlicher, dass „die Qualität gesteigert werden müsste und sie noch mehr sparen müssten“ spiegeln die Wirklichkeit im Gesundheitwesen nicht wider. Diejenigen, die sparen, sind allein die staatlichen Kassen der Länder und die Gesundheitskassen, während doch der private Sektor mit den Geldern, der sie dem Volk aus den Taschen nimmt noch größer und reicher wird.

Im Jahre 2018 haben die Kliniken Helios, Asklepios, Sana und Rhön gemeinsam einen Gewinn in Höhe von insgesamt 1 Milliarde Euro abgeworfen. Eine der Forderungen unserer Kampagne ist, dass keine Krankenhäuser geschlossen werden sollen. Das Land NRW soll bis 2024 ein Budget von 12,5 Milliarden Euro für die Instandhaltung, Renovierung und den Ausbau der vorhandenen Krankenhäuser bereitstellen. Solange sich das Land NRW weigert dieses Budget zu beschließen, werden Krankenhäuser dazu gedrängt, das Geld für diese Fixkosten durch eigene gezwungen, das Geld für die Kosten der notwendigen Maßnahmen aus eigenen Mitteln zu finanzieren. Das heißt im Umkehrschluss, dass an der  Gesundheit des Volkes gekürzt wird und krankenhäusliche Untersuchungen und Behandlungen zurückgeschraubt werden.

Die Situation der Beschäftigten muss verbessert werden

Um eine qualitative Dienstleistung im Gesundheitsbereich zu gewährleisten, muss das dafür ausreichend Personal vorhanden sein. Dennoch herrscht in den letzten Jahren an deutschen Krankenhäusern ein großer Personalmangel. Heute werden etwa 200.000 zusätzliche KrankenpflegerInnen benötigt. In NRW sind gerade 262.000 KrankenpflegerInnen beschäftigt. Um eine bessere Gesundheitsversorgung zu garantieren, müssen noch weitere 35.000 KrankenpflegerInnen zusätzlich eingestellt werden. Der Personalmangel ist nicht nur in der Krankenpflege vorhanden. Es fehlen auch insgesamt Ärzte, Küchenpersonal und Reinigungskräfte.

Die seit Jahren anhaltende Kürzungspolitik, niedrige Löhne und schlechte Arbeitsbedingungen verschärfen die Lage noch mehr und machen ein Handeln dringend und unabwendbar. Arbeitsbereiche wie insbesondere Reinigungsdienste, Wäschereien, Pathologien und Labore wurden in den letzten Jahrzehntenan Subunternehmen weitergegeben und privatisiert. Wegen der durch Kostendruck zu stark gesenkte Ausgaben sterben jedes Jahr 10.00 bis 20.000 Patienten in Folge von Infektionen mit Krankenhausbakterien.

Jede Person kann die Kampagne unterstützen

Gesundheit ist keine Ware und darf nicht zur Profitmaximierung missbraucht werden. Insbesondere zu der Zeit der Pandemie haben Beschäftigte diese marktliberale Traumvorstellung vom Gesundheitswesen, in der kapitalistische Marktgesetze über alles bestimmen, wo alles vom Geldbeutel abhängt, wo jeder soviel Gesundheit erhält, wie weit er auch in der Lage ist, zu zahlen, noch deutlicher wahrgenommen und sehr gut verstanden, sie wissen, wie wichtig die Gesundheit ist und welche Gefahren hier durch marktliberale Profitorientierung lauern. Ein nicht zu unterschätzender Teil der Menschen hat heute deutlich verstanden, dass die Kluft zwischen arm und reich immer weiter auseinanderdriftet, die Armut stetig steigt und dass eine bessere Gesundheitsversorgung vonnöten ist. Es ist nur gerade von Bedeutung, diese Erfahrung in organisierte Kraft umzuwandeln. Dafür müssen die Bedingungen und die Schritte für diejenigen eingeleitet werden, die dieselben Probleme miteinander teilen, damit diese auch als organisierte Kraft gegen ihre vorhandenen Probleme vorgehen können.

Diese Kampagne in NRW ist aus diesem Grund auch sehr wichtig. In vielen Städten wurden Initiativen und Bündnisse gegründet und in vielen Orten besteht die Möglichkeit ähnliche Bündnisse zu organisieren. Jede Person kann diese Unterschriftenkampagne an seinem Wohnort, in seinem Stadtteil, in seinem Betrieb, in seiner Gewerkschaft, in seiner Schule, in seinem Freundeskreis unterstützen und Unterschriften sammeln. 66.000 Unterschriften zu sammeln, wird wohl kaum ein Problem sein. Um aber 300.000 Unterschriften zu erreichen, wird eine organisierte Arbeit notwendig.

Was fordert die Volksinitiative „Für gesunde Krankenhäuser in NRW – für ALLE!“?

  • Alle Privatisierungen müssen gestoppt und alle privatisierten Krankenhäuser müssen wieder in die öffentliche Hand zurückgeführt werden!
  • Das Land NRW muss sich verpflichten, alle Krankenhäuser in NRW zu finanzieren!
  • Das Fallpauschalsystem muss abgeschafft werden!
  • Alle Pläne Krankenhäuser zu schließen, müssen zurückgenommen werden. Auf kommunaler Ebene müssen alle Leistungen der Krankenhäuser für alle Bürger frei zugänglich sein!
  • Ausreichendes Personal in Krankenhäusern. Die Patientenpauschale pro Krankenpfleger muss gesetzlich festgelegt und deren Einhaltung garantiert werden!
  • Die Löhne der Beschäftigten müssen erhöht und Arbeitsbedingungen verbessert werden!

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