Wir haben die Rechte, die andere erkämpften auch in Anspruch genommen

ABBAS DOĞAN

Hüseyin Kara, ist pensionierter Kokereiarbeiter. Er arbeitet seit vielen Jahren als Taxifahrer. Er lebt seit 45 Jahren in Deutschland. Er kam im Jahre 1976 nach Deutschland, um hier zu arbeiten. Er ist zufrieden mit seinem jetzigen Leben. Er fühle sich in Deutschland sicher. Zu den Arbeitskämpfen in der Vergangenheit bemerkt er folgendes: “ Wir haben ohne uns die Finger krumm zu machen, die Rechte, die andere erkämpft hatten, in Anspruch genommen.”

Hüseyin Kara ist im Jahre 1953 in Balikesir auf die Welt gekommen. Er arbeitete bei der Firma Lupp als Gärtner. Nach einem Jahr wurde ihm wegen einer Streitigkeit gekündigt. Man warf ihm vor, er würde bei der Arbeit Alkohol trinken. Auf dem Nachhauseweg las er das Kündigungsschreiben und bemerkte, dass ihm vorgeworfen wurde, während der Arbeit Alkohol zu sich genommen zu haben. Er ist daraufhin zur nächsten Polizeiwache geeilt und sich einem Alkoholtest unterziehen lassen, um zu beweisen, dass er kein Alkohol bei der Arbeit konsumiert hatte. Als ihm beim Arbeitsamt vorgeworfen wurde, dass ihm wegen Alkoholmißbrauch gekündigt wurde, hat er den Sachbearbeiter dazu angehalten bei der Polizei anzurufen und das Ergebnis des Alkoholtestes, welcher negativ ausfiel, einzuholen. Somit wurde seine Unschuld bewiesen.

“Am gleichen Tag ist er zu einer Baustelle der Firma Hohler gegangen. Hier fragte er nach Arbeit. Sie sagten ihm, dass sie keine Stelle frei hätten. “Ich liess nicht locker und habe meine Arme umgekrämpelt und zeigte ihnen, dass ich stark war und sagte, dass ich jede Arbeit annehmen würde. Sie fragten nach meinen Papieren. Nachdem die Sachen eingeholt und eingelesen waren, fing ich an bei dieser Firma zu arbeiten”, erzählt er. Hier hat er ca. 1 Jahr und 6 Monate gearbeitet. Sein Ziel war es aber in einer Kokerei als Kokabeiter eingestellt zu werden. Er hatte schon sehr oft gehört, dass sie neue Mitarbeiter einstellen würden. Alle seine Bemühungen hier eine Arbeit zu finden, waren vergebens. Jedes Mal wurde ihm die Tür gezeigt, wenn er bei ihnen um Arbeit fragte. Zum Schluss ist er bis zum Chef gegangen und sagte ihm: “ Chef guck mal. Ich wohne direkt neben der Kokerei und will gerne in der Kokerei arbeiten.”

Ich gab ihm auch den Namen eines Freundes, der bei der Kokerei arbeitete. Der Chef sagte mir, dass sie sich bei mir melden würden. Nach drei Tagen erhielt ich die Nachricht, dass ich am nächsten Tag in der Kokerei anfangen kann.Hüseyin Kara hat genau 33 Jahre lang in Kokereien gearbeitet, wo Steinkohle in Kokereiofen zu Kok verarbeitet wurde. Die Stahlindustrie hat diese Sorte von Kohle bei dem Schmelzvorgang von Stahl benutzt. Zu der Produktionsweise und den Einfluss der technologischen Entwicklung auf seine Arbeit, gibt er an: “ In den Anfängen haben wir 17 Tonnen Kohle in den einen Ofen geschoben. Zuletzt konnten wir vor der Schließung der Kokerei in der Borsigstraße 70 Tonnen Steinkohle auf einmal erhitzen. Wir haben am Tag 40 mal den Ofen vollgemacht und ausgeleert. Als früher bei Hansa noch 1200 Arbeiter beschäftigt wurden, waren wir bei dieser Kokerei nur insgesamt 450 Mitarbeiter. Obwohl die Anzahl der Beschäftigten ständig schrumpfte, stieg die Produktion um das 4 Fache an.”

Hüseyin Kara erzählt uns, dass alle Kokereien trotz dieser Entwicklung geschlossen wurden, da die Produktion in China immer noch günstiger war, als in Deutschland. Hüseyin Kara hat sich während er noch in der Kokerei beschäftigt war, nie an einem Arbeitskampf beteiligt. Aber als der letzte Ofen in der Kokerei auch ausgemacht wurde, gab es dann auch keine Kokerei mehr, die produzierte und dementsprechend gab es danach auch keinen einzigen Arbeitskampf mehr. Er war 40 Jahre lang Mitglied bei der Gewekschaft. Er erhielt auch von seiner Gewerkschaft eine Auszeichnung dafür. Ihm wurde auch Mal angeboten bei den Betriebsratswahlen in der Gewerkschaftsliste anzutreten. Er lehnte dieses Angebot ab. “ Wir haben ohne uns den Finger zu krümmen die Rechte, die andere erkämpft hatten, in Anspruch genommen. Als wir hier ankamen, war schon alles bereit und geordnet. Wir haben einfach nur alles vorgefunden und in Anspruch genommen”, bestätigt er einfach.

Der pensionierte Kokereiarbeiter Hüseyin Kara arbeitet auch seit 32 Jahren als Taxifahrer. Er fuhr auch schon Taxi als er in der Kokerei arbeitete. Damit er als Taxifahrer arbeiten durfte, musste er die Kokerei um einen Freigabebescheid ( Erlaubnis) bitten. Sein Vorarbeiter erteilte ihm diesen Bescheid nicht. Aber der Vorgesetzte meinte zu ihm, dass er ein sehr fleißiger Arbeiter wäre und stellte ihm diesen Bescheid aus. Hüseyin Kara erzählt, dass die meisten Taxifahrer Ausländer sind und diese keine berufliche Qualifikation haben. “ Bei diesem Job verdient man auch nicht so viel Geld. Wenn ich nicht noch meine Rente bekommen würde, könnte ich mit dem Geld, was ich hier verdiene gar nicht auskommen”, erzählt er.
Er sorgt sich nicht über die Entwicklung in Deutschland. “ Wenn mal was passiert, denn werfen wir sofort Ausländerfeindlichkeit vor. Natürlich gibt es viele, die keine Ausländer mögen. Aber die Meisten sind aber nicht ausländerfeindlich”, erklärt er. Er sagt, dass er selbst am Arbeitsplatz nicht diskriminiert wurde, aber viele ihm schon mal von Diskriminierung am Arbeitsplatz berichtet hätten. Er meint, dass zwischen den Beschäftigten oder Freunden auch mal schlechte Menschen geben kann, aber dass die Vorgesetzten niemals rassistisch sein können.
(Übersetzung: Özgür Metin Demirel)

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