Abbas Dogan/ Hasan Kamalak
Dortmund ist eine der Städte, in denen des Wohnungsproblems groß ist. Wir haben mit Reiner Stücker dem Vorsitzenden des Dortmunder Mieterverein über das Wohnungsproblem in Dortmund gesprochen.
Herr Stücker, Deutschland ist eines der reichsten Länder in Europa, aber trotzdem gibt es hier große Wohnungsprobleme. Welche Alternative oder Lösungen haben Sie dafür?
Zuerst muss man wissen, dass das Wohnen in Deutschland vom Eigentümer her selbst organisiert wird. Der Staat hält sich aus dem Wohnen völlig raus. Wir haben nur ganz wenig, wie man sie nennt, öffentlich geförderte Wohnungen. Denn die Wohnungen, die früher bei dem Land oder bei den Kommunen waren, sind leider verkauft worden.
Das führt natürlich zu Problemen. Die andere Problematik ist, dass in Deutschland jetzt die Wohnungsnot in den großen Städten besteht. Wir haben ländlichen Regionen, wo es keine Arbeit für die Menschen gibt. Dort gibt es zu viele Wohnungen. In allen großen Städten, inzwischen auch in Dortmund, gibt es tatsächlich eine gravierende Wohnungsnot. Darauf war man nicht vorbereitet gewesen. Es müssen viele neue Wohnungen gebaut werden. Gebaut werden aber nur teure Wohnungen. Damit haben die Menschen mit wenig Geld Riesen Probleme und das führt zu Konflikten, die jetzt das Thema sind.
Gibt es in Dortmund auch die gleichen Probleme?
In Dortmund ist es so, dass wir längere Zeit relativ ausgeglichenen Wohnungsmarkt, hatten wie in vielen Ruhrgebietsstädten. Das hat sich aber 2013 geändert. Bis dahin hatten wir ca. 3,5% leerstehende Wohnungen. Das ist runter gegangen auf 1%. Diese Entwicklung hat in Dortmund 2013 eingesetzt. Jetzt ist es wirklich schwierig: Wer umzieht und eine preisgünstige Wohnung haben möchte, der muss lange warten.
Sie sind Geschäftsführer des Mietervereins und haben tausende Mitglieder. Was sind die meisten Problemen ihrer Mitglieder?
Das ist bunt gemischt. Es gibt Wohnungsmängel, Heizkostenabrechnungen oder Betriebskostenabrechnungen. Jetzt ist das aktuelle Thema Mieterhöhungen oder gerade auch die Modernisierung bei den großen Wohnungsgesellschaften wie Vonovia, und LEG, die durch Modernisierung die Mieten hochtreiben. Das sind die wichtigsten Konflikte, die es im Moment gibt.
Was schlagen Sie ihren Mitglieder vor, die diese Probleme haben?
Das ist eigentlich ein generelles Problem im deutschen Mietrecht. Das ist sogenanntes Zivilrecht. Das heißt, der Staat sagt: „Das interessiert mich nicht, um was ihr euch da streitet.“ Das große Problem ist, wenn eine Wohnungsgesellschaft, ein großer Vermieter, sehr hohe Mieten fordert, muss sich jeder einzelne Mieter dagegen wehren. Es gibt fast keine kollektiven Rechte. Inzwischen gibt es eine Möglichkeit, die greift aber nicht immer. Also jeder Mieter ist gezwungen sich alleine gegen eine große Wohnungsgesellschaft zu wehren. Jeder muss sich rechtlich beraten lassen.
Jeder muss zum Anwalt oder zum Mieterverein gehen, d.h. hunderttausende Mieter, die Beratung auf suchen müssen, um eine nicht korrekte Mieterhöhung zu stoppen. Das ist die Problematik. Viele Mieter haben Angst vor dieser Auseinandersetzung und wehren sich nicht und zahlen unfreiwillig diese hohen Mieten. Das ist die Grundproblematik und weil das in großen Städten so gravierend ist, dass die Mieter Druck machen, muss irgendwas passieren. Stichwort Enteignung. Das hat natürlich damit zu tun, dass die Leute völlig unzufrieden sind, zurück zu einer kommunalen oder Landesgesellschaften zurückkehren wollen.
Wichtig aus unserer Sicht wäre, wenn wir eine staatliche Mietpreisbremse kriegen, d.h. es wird in den Städten, wo wir Wohnungsnot haben, vom Land oder den Kommunen festgelegt wird, was Höchstmieten sind. Das wird im Moment in Berlin diskutiert, was die Fachleute Mietendeckel nennen. D.h. die Mieten sollen gebremst, gedeckelt werden und wenn es staatlich erfolgen würde, dann müssten sich nicht hunderttausende Mieter noch darum kümmern, sondern es wäre klar: Der Vermieter, der zu viel genommen hat, der muss zurückzahlen. Darum geht die Diskussion, wie schütze ich die Mieter in den Städten mit der gravierenden Wohnungsnot.
Können Sie uns sagen, wann Ihr Verein gegründet wurde? Wieviel Mitglieder haben Sie?
Mietervereine gibt es fast seit Anfang des Vorletzten Jahrhunderts. Da hatten wir in Deutschland eine Riesen-Wohnungsnot. Es gab im bürgerlichen Gesetzbuch ein Paar Regelungen. Aber die Vermieter hatten sich gut organisiert, konnten die Mieter durch Mietverträge quasi rechtlos machen.
Daraus hat sich die Gründung der Mietervereine ergeben. Man brauchte eine Interessenvertretung, um gesetzliche Regelungen zum Schutze der Mieter durchzusetzen.
Das war vor 130 Jahren so und das ist heute immer noch so, aber seitdem gab und gibt es Mietervereine. Das ist eine wichtige Geschichte. Wenn mal der Wohnungsmarkt nicht so eng ist, dann ist es nicht so ein großes Thema.
Wie viele Menschen in Dortmund brauchen eine Sozialwohnung, haben Sie darüber Zahlen?
Wir haben nach dem 2. Weltkrieg bis in die 70`er Jahr viel Sozialwohnungen gebaut. Dortmund ist eine Stadt, die mal sehr viele Sozialwohnungen hatte. Auf Grund der vielen Menschen mit wenig Geld brauchen wir immer noch eine große Zahl von Sozialwohnungen. Das große Problem ist, dass beim Wohnen die Verantwortlichen gedacht hanen, irgendwann sei das Problem gelöst. Irgendwann haben wir so viele Sozialwohnungen, dass wir uns nicht mehr darum kümmern müssen. Diese Situation ist aber nicht eingetreten. Das heißt konkret: Nur in Dortmund brauchen wir 8 bis 10 tausend Wohnungen. Von Einkommensgrenzen her ca. die Hälfte der Dortmunder-Haushalte, das sind 100 tausend Haushalte, haben das Recht, eine Sozialwohnung zu beziehen. Also wir haben aktuell 25 tausend Sozialwohnungen, aber benötigt werden 100 tausend. Wer da wohnt, zieht natürlich nicht aus, sondern behält diese Wohnung. Dadurch werden nur sehr wenige Sozialwohnungen frei.
Wie ist die Lage in der Nordstadt?
Dortmund ist schon seit längerem aber in den letzteren Jahren zum Teil wieder verstärkt, eine gespaltene Stadt. Leider gibt es Trennungen. Viele gute Wohnungen gibt es im südlichen Stadtteil.
Wer es sich leisten kann, mietet da eine Wohnung. Im Ruhrgebiet aber eben auch in Dortmund gibt es Stadtteile, wo die Mieten günstig waren, weil die Vermieter nicht investiert haben. D. h. wir haben zum Teil vernachlässigte oder schlechte Wohnungen gehabt. Wichtig für die Mieter war, dass es günstige Mietwohnungen gab, zeitweilig in Altbauten. Wer keine Sozialwohnung gefunden hatte, konnte in Nordstadt eine Wohnung finden. Jetzt ist der Wohnungsmarkt eng geworden, daher steigen doch in Nordstadt die Mieten.
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