Von einem kleinen Schrank, der die die Tür zur Welt öffnet

EYLEM KUBANEK

Wieder ist heiteres Wetter und der Tag lädt in die Natur ein. Ich saß auf einer Bank auf dem Friedrich-Ebert-Platz in Hörde. Früher war dieser Platz das Zentrum der Stadt, hier standen Rathaus, Schule, Post und Kirche. Heutzutage ist der Platz mit Einkaufszentren und Wohnhäusern umgeben.
Es ist ein wichtiges Zeichen für Geschichtsbewusstsein, dass nach wie vor das alte Postgebäude und die Lutherkirche dort stehen. Als der Platz im Jahr 2013 eingerichtet worden ist, wurden für Friedrich Ebert und für die Synagoge, die dort bereits stand, zwei verschiedene Denkmäler aufgestellt. Was mir hier aufgefallen ist, ist der zweitürige Bücherschrank, der im Jahr 2017 von einem Verein in Hörde eingerichtet wurde.

Ein Teil des Bücherschranks ist für Kinder- und Jugendliteratur bestimmt. Außerdem stand neben dem Bücherschrank ein Trampolin, auf dem man jederzeit spielende Kinder sehen konnte. Ich denke, dass es für die Bedeutung von Büchern in unserem Leben ein passendes Vorgehen ist, den Kindern ihren Wert nahe zu bringen.

Diese kleine Bücherei ermöglicht allen und jeden ohne Anmeldung zu jeder Zeit gewünschte Bücher zu bekommen und abzugeben. Ich beobachtete Folgendes: Sobald eine alte Deutsche die Bücher, die sie auf ihrem Fahrradgepäckträger gebracht hatte, sorgfältig in die Regale des Buchschranks stellte, nahmen auf der anderen Seite des Buchschranks die gerade angekommene Mutter und ihre Tochter, die meiner Einschätzung nach ursprünglich aus afrikanischen Ländern kamen, jede ein Buch und entschwanden auf dem Weg zur Schule schnell meinem Blick. Gut, wusstet ihr, dass diese Idee, die die Menschen einander näherbringt, erstmals als Bestandteil in einem Kunstprojekts auftauchte? Im Jahr 1991 vom Aktionskünstler-Duo „Clegg & Guttmann” entwickelt, bezieht sich dieses Kunstprojekt auf eine Idee, die einige von uns mit gelben Telefonzellen kennen, welche mit der Vorstellung von Buch-Shopping in öffentliche Bibliotheken verwandelt werden. Ein weiterer Buchschrank, von Trixy Roÿeck konzipiert, wurde auf einer Veranstaltung 2002 in Bonn ausgezeichnet.

Im Rahmen dieser Idee befinden sich in NRW schon 311, in Dortmund zehn Buchschränke. Derzeit steigt der Buchpreis an. Die Rolle der kleinen Buchschränke ist daher wichtig – das Angebot kostenlose Bücherquellen zu haben.

Dann fragt man sich, warum es in der ganzen Nordstadt am Hafen nur einen Bücherschrank gibt. Es ist ohne Frage nicht genügend, da es in der Nordstadt dicht bewohnte Viertel mit einkommensschwachen Menschen mit Migrationshintergrund gibt. Warum kann es, für die Überwindung von Integrationsproblemen, beispielsweise nicht ein erster Schritt sein, in der Nordstadt kostenlose Bücherschränke aufzustellen? Bei den Gedanken über den Bücheraustausch erinnere ich mich an mein erstes gelesenes Buch, verfasst von John Steinbeck. Der Name des Romans war “Die Perle”. Als ich neun und zehn Jahre alt war, hatte ich es von unserem Nachbar ausgeliehen.

Der Roman schildert das Leben eines Kindes, welches einst in einem kleinen Landbezirk lebte. Ein Kind reist allein in ein unbekanntes Land und nimmt am Leben eines Perljägers teil. Die Menschen, die die Wichtigkeit und die Macht der Bücher kennen, sollten mit einer eigenen Auswahl ihrer Bücher diese kleine Bibliothek bereichern. Man darf nicht vergessen, dass man mit den vom Buchschrank erhaltenen Büchern in eine ganz andere Welt zu segeln vermag.

(Übersetzung: Katrin Abromoit und Ali Rıza Kılınç)

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