Hasan Yildirim interviewte für die Stimme der Nordstadt seine Kolleginnen, die in der Taxigewerbe beschäftigt sind. Er unterhielt sich mit seinen Kolleginnen über den Alltag der Taxifahrer während der Pandemie. In dem Interview wurde haupsächlich über die Auswirkungen des Virus auf alle Beschäftigte und über die gegenwärtige schwierige Situation, denen sie als Taxifahrer ausgesetzt sind, unterhalten.
Bis vor einem Jahr dachten wir über Epidemien, die wir bisher nur aus den Dokumentationen kannten oder in den historischen Schriften uns mit diesen auseinandersetzen mussten, dass sie schon längst der Vergangenheit angehören würden. Nun sind sie aber doch noch mit den neuen Entwicklungen zu einem Teil unserer Gegenwart herangewachsen. Wir Taxifahrerinnen, die eigentlich von berufswegen an die Turbulenzen der Straße, in der der Puls des Lebens schlägt, gewöhnt waren, sehen uns auf einmal einer großen Stille und Leere ausgesetzt.
In den ersten Wochen der Pandemie waren alle einigermaßen geschockt. Das Leben war wie gelehmt. Die Flughäfen und Bahnhöfe waren menschenleer, alle Hotels waren geschlossen. Alle Bundesligaspiele wurden ausgesetzt, das Nachtleben war auf die eigenen vier Wände zurückgedrängt. Taxis blieben nur noch an den Taxiständen und warteten ohne Hoffnung auf ihre Fahrgäste. Sie ähnelten Fischen, die an den Grund getrockneter Bäche schlugen. Nach einem Jahr unter Pandemiebedingungen sprachen wir mit unseren Kolleginnen aus dem Taxibranche über die Pandemietage.
Der 63 jährige Niko arbeitet seit 37 Jahren als Taxifahrer. Seine Frau konnte wegen gesundheitlichen Gründen nicht mehr arbeiten und kündigte vor zwei Jahren ihren Job. Auch wenn seine Kinder mittlerweile groß sind, sind die Ausgaben und die Lebenserhaltungskosten nicht gesunken. Niko hat die Pandemietage so erlebt: “ Während der Pandemie habe ich alle Risiken in Kauf genommen und bin arbeiten gegangen. Derjeniege, drei zwie bis drei Fahrten hatte, konnte sich glücklich schätzen. An manchen Tage haben wir vergeblich auf Kundschaft gewartet. An diesen kehrten wir resigniert nach Hause zurück. Im April habe ich den Antrag fürs 9000 Euro Unterstützungsgeld beantragt. Dieses Geld vorgesehen für nur die Ausgaben der Unternehmen. Wir haben dieses Geld nicht privat genutzt und für private Zwecke ausgegeben. Wir hatte zuvor ein wenig Geld gespart. Wir haben mit diesem Geld unser Leben finanziert. Jetzt will der Staat die 9000 Euro wieder zurückhaben. Ich denke darüber vergeblich nach, was isch jetzt machen soll.”. Niko denkt auch, dass der Virus nach Klassenzugehörigkeit unterscheidet, “Ich kann sogagar sagen, dass die Klassenunterschiede und Zersplittung zwischenden Menschen auch diesen Virus in Klassen unterteilt hat. Der Virus greift diejeniegen, die in den Fabriken, Betrieben oder in allen Bereichen des Lebens zusammen arbeiten müssen, mehr an, als die, die zu Hauese arbeiten können und somit sich besser vor ihm schützen können. Er verschont diese mehr als diejenigen, die in großen Firmen arbeiten.”, betont er bestimmt.
Celal arbeitet als Angestellte eines Taxiunternehmens. Er gibt an, dass das Unternehmen seit April die Hälfte seiner Taxis stillgelegt hat. Es wurde für die Beschäftigten Kkurzarbeit angemeldet. Er bekommt dadurch einen Lohn von 400 Euro monatlich. “Wir bekommen zwar Wohngeld, aber unsere Einnahmen sind trotzdem sehr gering, um die Kosten zu decken. Obwohl ich eine chronische Krankheit habe, war ich gezwungen ab Mai wieder zu arbeiten. Wir verdienen nicht viel. Aber durch die zusätlich geringe Einnahmen konnten wir etwas aufatmen.”, sagt Celal und unterstützt Nikos Meinung , dass der Virus sich nach Klassenunterschieden unterscheidet. Die Reichen sollen sich in Sicherheit gebracht haben. Deweiteren fügt er noch folgendes hinzu: “ Hatten wir denn wieder einmal einen reichen, luxiriösen Kunden gefahren seit letztes Jahr? Sie schicken uns, die hart arbeiten müssen an vorderste Front. Und wir müssen. Sogar die Pandemie richtet sich nach Profitinteressen. Sowohl die Menschen, die den Impfstoff erfunden haben, als auch die Kapitalistenkreise, die hinter ihnen stehen, geben die Patente nicht raus, um die ausreichende Produktion des Impfstoffes zu gewährleisten.”. Cemal unterstreicht die Kritik am kapitalistischen System unter der Pandemie viel besser verstanden zu haben. “Sie kaufen sogar die Wissenschaften und das Wissen”, fügt er noch hinzu und erklärt, dass nicht der Virus nach Klassenunterscheidet, sondern die Menschen.
Den 75 jährigen Taxifahrer Martin frage ich: “Du bist doch alt. Willst du wirklich in deinem Alter mit diesem gefährlichen Virus tanzen? Du bist ja doch schon in Rente. Warum setzt du dich überhaupt dieser Gefahr aus?”. “Ich habe 40 Jahre lang als Taxifahrer gearbeitet. Die Ausgaben der Kinder, die Miete für die Wohnung, Kosten für den Haushalt liessen uns keine Möglichkeit ans Alter zu denken. Wenn wir an unsere Alter dachten, blieb schließlich auch gar kein Geld für den Alltag über. Es klappte nicht. Ich und meine Frau leießen uns scheiden. Wir verkauften unser Taxi und verpflegten mit der Einnahme die Kinder. Seit dem arbeite ich als Taxifahrer. Meine Rente reicht nicht zum Leben. Dann sieht man auch gar keinen Virus mehr. Ich werde aber trotz meiner Krankheit weiterarbeiten. “, fängt er an zu erzählen.
Martin gibt an, dass er für den Taxischein auch während der ärztlichen Untersuchungen weiter lernen wird. Martin hat einen besonderen Wunsch: “Ich hoffe nur, dass ich nicht während einer Taxifahrt sterbe, sondern während ich an einem Taxistand parke.”
(Übersetzung: Özgür Metin Demirel)
Antworten