Elkes sagt, sie liebe dieses leben mit jedem tag noch mehr. Sie will zwar in ein Altersheim einziehen, dennoch würde es ıhr sehr schwer fallen, sıch von ıhrer wohnung, ıhren persönlichen sachen, von ıhrem hund, ıhren erinnerungen und von der stadt ıhrer großen liebe, dortmund zu trennen.
HÜSEYİN KANTAŞ
Es gibt Menschen, von denen Sie denken könnten, sie kämen auf die Welt nur, um diese zu verschönern. Ich sah Elke und ihren kleinen Hund jeden Tag auf dem Arbeitsweg. Wir begegneten uns immer an derselben Stelle. Wir haben auch uns immer gegrüßt. Ich stammte ursprünglich aus einer kleinen Stadt und dort haben sich alle Menschen, deren Blicke sich mal kreuzten, gegrüßt. Wegen dieser Gewohnheit hatte ich sie beim ersten Mal auch gegrüßt. Dannach grüßten wir uns immer.
Elke stammt ursprünglich aus einem Ort, das in der Nähe von Hannover lag. Sie hat lange Jahre bei der Post gearbeitet. Sie ist jetzt 75 Jahre alt und hat zwei Kinder. Ihr Ehemann ist vor zehn Jahren verstorben. “ Ich wäre sehr glücklich, wenn er noch leben würde. Ich wünschte, wir hätten noch weitere Zehn Jahre zusammengelebt und wären dann zusammen gestorben”, erzählt sie über ihre Sehnsucht. Ihre Kinder würden in München leben und würden gerne wollen, dass ihre Mutter zu ihnen nach München einzöge. Sie möchte das eigentlich gar nicht, aber sie ist gezwungen nach München zu ziehen. “ Ich vergesse manchmal alles”, sagt sie.
Wenn ich Elke nach ihrem heutigen Wohlbefinden frage und wie ihre Tage vergehen, berichtet sie zumeist über ihre vergangenen Tage. Sie und ihr Ehemann haben sich durch eine Zeitung kennengelernt und waren Brieffreunde, erzählt sie aufgeregt. Sie haben sich gegenseitig keine Fotos geschickt. Beide wollten sich beim ersten Date sehen. Sie erzählt, dass sie der Stimme ihres Herzens gefolgt wäre und zu ihrem Ehemann nach Dortmund gekommen wäre. Sie haben sich genau geschrieben, welche Kleidung beide an ihrer ersten Verabredung tragen würden. Sie erzählt ihr erstes Treffen mit Liebe: “ Ich ging zu dem Kaffee, wo wir uns treffen wollten. Ich war so aufgeregt, dass ich den Brief immer wieder las. Ich schaute nach recht, schaute nach links. Er kam nicht. Es waren auch nicht viele Gäste da. An einigen Tischen saßen andere Paare. Meine Welt brach zusammen. Ich fing an Selbstgespräche zu führen und bat drum, dass er bitte kommen wolle. Plötzlich stand er von seinem Tisch auf und kam zu mir. Er war in Begleitung seiner Cousine zum Treffen gekommen. Ich hatte gedacht, beide wären ein Pärchen. Er hielt meinen Brief in der Hand. Er holte auch die alten Briefe aus seiner Tasche heraus. Er sprach das, was ich ihm geschrieben hatte, auswendig aus, ohne auf den Brief zu schauen. Ich weinte laut. Nachdem ich wieder zu Hause war, konnte ich es nicht aushalten. Ich fragte am nächsten Tag bei meinem Arbeitgeber um Urlaub an und fuhr wieder nach Dortmund. Wir haben sofort geheiratet. Ich habe meinen Arbeitsplatz nach Dortmund verlegt.”
WAS SOLLEN DIE MACHEN, DIE KEIN GELD HABEN?
Elke klagt nicht über ihr jetziges Leben. Sie hat soziale Sicherheit und hat keine finanziellen Probleme. “ Ich habe Geld, habe keine finanziellen Probleme. Aber was sollen die machen, die kein Geld haben? Wenn Menschen älter werden, brauchen sie viel mehr. Der Staat muss sich um diese Menschen kümmern. Denn je älter Menschen werden, desto mehr Unterstützung brauchen sie auch”, sagt sie und fügt hinzu: “Egal was ich dir erzähle, du wirst es nicht verstehen. Du kann das erst verstehen, wenn du so alt wirst wie ich.” Elke meint, alte Menschen würden das Leben mehr lieben als Jüngere und sie würden alles noch machen wollen, solange ihr körperliches Wohlbefinden das auch zulassen würde. Sie liebt ihren Hund sehr. Sie würde gerne ihn gerne täglich ausführen. Sie würde täglich mit ihren Kindern, Enkelkindern und Freundinnen telefonieren. “ Wenn ich dich auch nicht sehen sollte, schaue ich mich um, und frage mich, ob du dann einen anderen Weg genommen hast”, sagt sie zu mir. Elkes größter Alptraum ist gelähmt zu sein und nicht mehr laufen zu können. “ Ich liebe mit jedem neuen Tag das Leben mehr. Aber ich weiß auch, dass mein Ende langsam naht”, sagt sie traurig.
Eigentlich würde sie auch sehr gerne in ein Altersheim einziehen. Sie sagt aber, dass es ihr dennoch schwer fallen würde, sich von ihrer Wohnung, ihren persönlichen Sachen, von ihrem Hund, ihren Erinnerungen und von der Stadt ihrer großen Liebe, Dortmund zu trennen. Ihre Kinder würden sie gerne zu sich holen, aber sagten ihr immer wieder: “ Du bist glücklich dort. Deswegen solltst du auch dort bleiben.” Bald werde ich nach München zu meinen Kindern umziehen und dort in einem Heim leben”, erklärt sie.
Ich sage ihr, dass ich beim nächsten Mal ein Foto von ihr schießen möchte und das Gespräch mit ihr fortführen will. Wir verabreden uns, uns wiederzusehen, wenn ich aus der Türkei wieder zurück bin. Dannach sehen wir uns aber nicht wieder an der selben Stelle und zur gleichen Uhrzeit. Es vergehen Tage. Aber Elke kommt nicht. Sie ist wohl nach München umgezogen.Wer weiß es?
(Übersetzung: Özgür Metin Demirel)
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