Stehenbleiben bei Marx, Weitergehen bei dem Bergarbeiter, den mit dem Hut grüßen!

Wenn Sie denken, “Das ist bloß nur eine Ampel. Da ist ein mißgestalteter Typ drauf abgebildet”, dann irren Sie sich gewaltig. Auf jedem Fall gilt Ihr Irrtum für einige deutsche Städte. Dann kennen Sie wahrscheinlich auch nicht das Ampelmännchen mit dem Filzhut aus Berlin oder den Bergarbeiter aus Eving. Und es gibt auch noch einen Marx in Trier! Vor ungefähr 150 Jahren wurde die erste Ampel vor dem Hause of Parliament in London aufgestellt. Davor wurde der Verkehr mit dem Einsatz einer Gaslampe geregelt. Dann trat Elektrizität hinzu. Schließlich wurden die Farben der Ampel festgelegt und man einigte sich auf die selben Farben weltweit. Als es immer mehr Ampeln für Fußgänger gab, schlug der Verkehrspsychologe Karl Peglau vor, um für Farbenblinde den Fussgängerverkehr sicher zu machen, die Ampel mit Figuren zu unterstützen. Am Anfang fand dieser Vorschlag keine Beachtung. Dennoch wurde kurze Zeit später eine allgemeingültige männliche Figur entworfen und eingeführt.

Im Stadtteil Eving in Dortmund wurde ein wichtiger Schritt eingeleitet. Das Ruhrgebit im Allgemeinen und Eving im Speziellen sind Orte, wo das Herz des Bergbaus schlägt. In Eving sind die Spuren des Bergbaus sehr deutlich zu sehen. Die Ampel an einigen deutlichen Punkten von historischer Bedeutung wurden geändert. An einigen Punkten regelt ab jetzt “bei Bergarbeiterfigur könnt ihr streichen“ den Fußgängerverkehr. Der Oberbürgermeister der Stadt Dortmund Ullrich Sierau und der Bezirksbürgermeister Oliver Stens haben diesen wichtigen Schritt feierlich eingeleitet. Die Ampelanlagen auf dem Steinplatz machen nicht nur deutlich, dass hier einst Bergarbeiter zu Hause gewesen waren, sondern tragen auch dazu bei, dass die Identität des Bergarbeiters als ein fester Bestand des Lebens in das Stadtbild aufgenommen wurde. Dieser Schritt in Eving kann auch als Beispiel für alle Städte dienen, die ihre Stadtidentität und ihre symbolischen Namen an die folgenden Generationen weitergeben und überliefern wollen.

Eines der Städte, die sich weltweit von den anderen Städten bezüglich der Symbole auf Ämpel trennen, ist sicherlich Berlin. Das Ampelmännchen Berlins mit seinem Filzhut sticht sofort ins Auge. Die Deutsche Demokratische Republik (DDR) wurde neugegründet und hat nach einem diesbezüglichen allgemeinen Wettbewerb die eigene Verkehrsampel geregelt. Am 13. Oktober 1961 wurde das Ampelmännchen in Berlin eingeführt. Ostdeutschland liebte seine originale Figur sehr und gewöhnte sich schnell an sie. Die Figur wurde auch bei der Verkehrserziehung der Kinder gut aufgenommen und entwickelte sich zum neuen Kult. Sie fand auch ihren Platz bei der Kunst und Literatur. Es wurden Spiele mit dieser Figur produziert. Der Mann mit dem Hut bekam unzählige humorvolle Versionen. Auf den Straßen in ostdeutschen Städten sah man jetzt vermehrt Frauen und Männer mit Hut, die auf dem Rücken ein Rucksack trugen oder einen Regenschirm oder ein Kamera in der Hand hielten.

(Fotos: Mustafa Kara)

Nach der Wiedervereinigung Deutschlands überwog Westdeuschland und auch die Ämpel in Ostdeutschland wurden Schritt für Schritt den westlichen Gepflogenheiten angepasst. Der Mann mit dem Hut wurde aus der Verkehrserziehung rausgenommen. Nach einer Zeit, wo die Ostberliner anfingen, sich langsam wieder zu besinnen, wurde eine Kampagne für die Wiedereinführung des Ampelmännchens durchgeführt. Seit 1995 erlebt das Ampelmännchen wieder seine glanzvollen Zeiten. Seit 2004 existiert auch eine weibliche Version von ihm. Die Ampelfrau wurde in einigen Städten in Sachsen in Gebrauch genommen. Das Ampelmännchen, welches in den Anfängen zum Maskottchen der Ostalgie degradiert war, kam mit einem grandiosen Comeback zurück und eroberte Berlin wieder. Viele Städte in Ostdeutschland, aber auch viele in Westdeutschland haben sich mittlerweile für dieses Design entschieden.

Sie können sich fragen, was denn Karl Marx, Begründer des Marxismus an Ampelanlagen zu suchen hätte? Aber dieser große Philosoph wurde in seiner Geburtsstadt damit geehrt. Im letzten Jahr kam anlässlich des 200. Geburtstages ein Bild von Marx an die Ampel. Karl Marx sagt nun: “ Bei rot anhalten. Bei grün weitergehen”. Bei rot hält Marx seine beiden Arme zur Seite ausgestreckt und bei grün läuft er, während er dabei auch zu den Fussgängern rüberblickt. Zu dem trägt er auch beim Gehen das Kapital unter seiner Achselhöhle… Was meinen Sie, wäre es nicht noch besser statt allgemeingültige Figuren zu haben, andere einzuführen, die die Identität der Städte besser wiedergeben würden? Würde es nicht noch mehr Spaß machen, zumindest an historischen Orten mit besonderen Figuren den Fussgängerverkehr zu regel? (Eving / SdN)

(Übersetzung: Özgür Metin Demirel)

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